„Mad Business“ – Von rationaler Entscheidungsfindung keine Spur?
Mit „Mad Business“ geben Joerg Bartussek und Oliver Weyergraf, die selbst als Manager in Großunternehmen gearbeitet haben, einen tiefen und zugleich verstörenden Einblick in die Realitäten von Unternehmen. Sie räumen vollends mit der Vorstellung auf, in diesen würden vorwiegend rationale Entscheidungen getroffen.
Paul Hecht berichtet als Protagonist des Buches, das eine Mischung aus Fiktion und Wahrheit ist, in seinem von Zynismus geprägten Wochenbericht vielmehr vom alltäglichen „Wahnsinn“, der in Großkonzernen herrscht. Der Wahnsinn („was wirklich abgeht“), das sind unter anderem persönliche Eitelkeiten sowie wirre und zum eigenen Kalkül am besten passende Zahlenspiele bis hin zu Tricksereien, mit denen schlussendlich handfeste Ziele definiert und Budgets geplant werden.
Eigennützliches Silodenken vs. Innovation und Kooperation
Der Wahnsinn sind Controller und Prozessgestalter (oder andere Disziplinen), die das Gespür für die Tätigkeiten und Rationalitäten fachfremder Kollegen schon verloren haben, geheime „U-Boot-Projekte“, mit denen der eigene Aufstieg besser gelingen kann, und bereichs- und landesegoistisches Silo-Denken. Dieses alles macht Innovationen und dem Wohl des Unternehmens dienliche Kooperationen den Garaus, so Paul Hecht in seinem Wochenbericht.
Paul Hecht ist ein fiktiver Top-Manager, der sich als Kronprinz des Landes-CEO wähnt, den internen Wertekatalog geflissentlich ignoriert und glaubt, die in seiner Organisation (aus seiner Sicht) bestehenden Macht- und Ränkespiele besser als andere zu beherrschen. Am Ende aber muss Paul Hecht das Unternehmen selbst verlassen. Waren andere noch cleverer als er oder verfügt das Unternehmen über genügend Widerstandskraft, sich gegen Typen wie Hecht erfolgreich zur Wehr zu setzen? Die Beantwortung dieser Frage bleibt offen.
Fiktive Realität
Allerdings muss Paul Hecht nicht ohne großzügige Abfindung gehen, verfügt er doch über brisante Informationen über den CEO. Alles nur Fiktion? Nein! Paul Hecht steht stellvertretend für drei Dutzend Top-Manager verschiedener Branchen, die die Autoren interviewt haben und deren ausgewählten Zitate das Buch begleiten und so aus der Fiktion Realität werden lassen.
Joerg Bartussek / Oliver Weyergraf: Mad Business. Was in den Führungsetagen der Konzerne wirklich abgeht. Campus, 2015
Nachtrag
„Ich habe einfach keine Lust mehr auf Spielchen. (…) Was ich erlebt habe? Politisches Durchschlängeln, Postengeschacher statt fachliches Arbeiten. Weiter kamen die Kofferträger und Ehrerbieter, nicht diejenigen, die Verantwortung für ihre Arbeit übernahmen. (…) Da wusste ich, dass ich nie wieder in Konzernen arbeiten möchte (…).“ (Winfried Wieland, Interim Manager, in: brand eins 02/16, S. 77)