„Mad Business“ – Von rationaler Entscheidungsfindung keine Spur?

Madbusiness-neu

Mit „Mad Business“ geben Joerg Bartussek und Oliver Weyergraf, die selbst als Manager in Großunternehmen gearbeitet haben, einen tiefen und zugleich verstörenden Einblick in die Realitäten von Unternehmen. Sie räumen vollends mit der Vorstellung auf, in diesen würden vorwiegend rationale Entscheidungen getroffen.

Paul Hecht berichtet als Protagonist des Buches, das eine Mischung aus Fiktion und Wahrheit ist, in seinem von Zynismus geprägten Wochenbericht vielmehr vom alltäglichen „Wahnsinn“, der in Großkonzernen herrscht. Der Wahnsinn („was wirklich abgeht“), das sind unter anderem persönliche Eitelkeiten sowie wirre und zum eigenen Kalkül am besten passende Zahlenspiele bis hin zu Tricksereien, mit denen schlussendlich handfeste Ziele definiert und Budgets geplant werden.

Eigennützliches Silodenken vs. Innovation und Kooperation

Der Wahnsinn sind Controller und Prozessgestalter (oder andere Disziplinen), die das Gespür für die Tätigkeiten und Rationalitäten fachfremder Kollegen schon verloren haben, geheime „U-Boot-Projekte“, mit denen der eigene Aufstieg besser gelingen kann, und bereichs- und landesegoistisches Silo-Denken. Dieses alles macht Innovationen und dem Wohl des Unternehmens dienliche Kooperationen den Garaus, so Paul Hecht in seinem Wochenbericht.

Paul Hecht ist ein fiktiver Top-Manager, der sich als Kronprinz des Landes-CEO wähnt, den internen Wertekatalog geflissentlich ignoriert und glaubt, die in seiner Organisation (aus seiner Sicht) bestehenden Macht- und Ränkespiele besser als andere zu beherrschen. Am Ende aber muss Paul Hecht das Unternehmen selbst verlassen. Waren andere noch cleverer als er oder verfügt das Unternehmen über genügend Widerstandskraft, sich gegen Typen wie Hecht erfolgreich zur Wehr zu setzen? Die Beantwortung dieser Frage bleibt offen.

Fiktive Realität

Allerdings muss Paul Hecht nicht ohne großzügige Abfindung gehen, verfügt er doch über brisante Informationen über den CEO. Alles nur Fiktion? Nein! Paul Hecht steht stellvertretend für drei Dutzend Top-Manager verschiedener Branchen, die die Autoren interviewt haben und deren ausgewählten Zitate das Buch begleiten und so aus der Fiktion Realität werden lassen.

Joerg Bartussek / Oliver Weyergraf: Mad Business. Was in den Führungsetagen der Konzerne wirklich abgeht. Campus, 2015

Nachtrag

„Ich habe einfach keine Lust mehr auf Spielchen. (…) Was ich erlebt habe? Politisches Durchschlängeln, Postengeschacher statt fachliches Arbeiten. Weiter kamen die Kofferträger und Ehrerbieter, nicht diejenigen, die Verantwortung für ihre Arbeit übernahmen. (…) Da wusste ich, dass ich nie wieder in Konzernen arbeiten möchte (…).“ (Winfried Wieland, Interim Manager, in: brand eins 02/16, S. 77)

 

 

 

Was Google und das Berliner Flüchtlingsprojekt Arrivo beim Managen von Talenten gemeinsam haben

Mitarbeiter sollen heute fit für die VUCA-Welt und widerstandsfähig (resilient) sein. Was aber tun die Unternehmen, um das Talent in ihren Mitarbeitern zu entdecken und zu entwickeln? Darüber wurde auf der Jahrestagung Personalentwicklung der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) „Perspektiven im Talentmanagement“ Ende 2015 kontrovers diskutiert.

„Talente schlummern in allen“, sagte Franziska Hartmann vom Berliner Flüchtlingsprojekt Arrivo auf der DGFP-Jahrestagung, die in den Räumen des Suchmaschinen-Giganten Google in Hamburg tagte. Als Projektkoordinatorin vermittelt sie Flüchtlinge auf Praktikums- und Ausbildungsplätze. Mit Erfolg: Viele Flüchtlinge haben ein Praktikum begonnen, die Berliner Wasserbetriebe werden ab Januar 2016 weitere auf eine technische Ausbildung vorbereiten. Auch Vattenfall und Berliner Betriebe aus dem Bereich Sanität Heizung Klima zeigen Interesse.

Google sucht keine HiPos, sondern das passende „Learning Mindset“

„Jeder ist ein Talent“, ist auch der Personalchef von Google in Deutschland von seinen Mitarbeitern überzeugt. Frank Kohl-Boas fügte hinzu: „Wir haben keine HiPos“. Für Google seien Talente interessant, die zum Unternehmen passten und das richtige „Learning-Mindset“ mitbrächten. Sind die Passenden rekrutiert, sei eigentlich kein gesonderter Bereich Learning & Development (L&D) mehr nötig, so Frank Kohl-Boas. Die Mitarbeiter würden sich selbst entwickeln wollen und diejenigen Angebote suchen, die notwendig seien.

Google unterstützt Selbstentwicklung durch die Möglichkeit, sich als Mitarbeiter gegenseitig zu trainieren („Googler-to-Googler“) und bereitet darauf didaktisch vor. Zur Entwicklung von Talenten zähle bei Google aber auch, Risiken einzugehen, so Frank Kohl-Boas. Dazu gehöre, Mitarbeiter in Führungsrollen zu bringen, die sie noch nicht beherrschten, und gestandene Führungskräfte zur Übernahme gänzlich neuer Aufgaben zu animieren.

Frauen in Google-Führungspositionen: Das „stimmt mich nachdenklich“

Ob Google keinen Bereich L&D hat, darauf ging Frank Kohl-Boas nicht ein. Auch den spannenden Punkt, wer wie bei Google zusätzlich zu „Googler-to-Googler“ systematisch entwickelt und ge- (und be-) fördert wird, streifte die Diskussion nicht. Dass bei Google im Talentmanagement nicht alles wunschgemäß verläuft, daraus machte deren Personalchef keinen Hehl. 2015 habe es Google in Deutschland nicht geschafft, „so viele Frauen in Führungspositionen zu bekommen, wie wir uns das vorgenommen haben“, meinte Frank Kohl-Boas. Dies stimme ihn „nachdenklich“: Das Unternehmen habe „tolle weibliche Talente“ und verfüge über sehr gute Rahmenbedingungen, um Beruf und Familie in Einklang zu bringen.

Trotz Gegenwind: BASF-Entwicklungsgespräche für alle!

„Talent is in everyone“, lautet das Motto bei BASF. Um interne Talente entdecken und entwickeln zu können, setzt das Chemieunternehmen breit an. „Wir haben die Talententwicklung neu angestoßen“, sagte Anke Schmidt, Senior Vice President Global Talent Management bei BASF. Befragungen hätten gezeigt, dass sich die Mitarbeiter nicht ausreichend von den Führungskräften unterstützt fühlten. Aber auch die Mitarbeiter sollen zu mehr Eigeninitiative angehalten werden.

Der Kreislauf der Mitarbeiterentwicklung bei BASF besteht aus einem obligatorischen Entwicklungsgespräch, auf das sich der Mitarbeiter gezielt vorbereiten soll. Dann folgt eine Entwicklungsklausur, auf der die Führungskräfte des Bereichs untereinander Entwicklungsperspektiven des Mitarbeiters besprechen und für diesen Entwicklungsschritte definieren. Anschließend werden zwischen Mitarbeiter und Führungskraft Qualifizierungs- und Entwicklungsmaßnahmen vereinbart – und jährlich überprüft, so der Plan.

Wie umfassend der BASF-Ansatz ist, zeigt ein Vergleich: Beim Automobilzulieferer Mahle (66 000 Mitarbeitern weltweit) kommen allein Träger mit Potenzial für Führungsaufgaben in den Genuss von Entwicklungsgesprächen. Das entspricht 1,5 Prozent der Belegschaft. Gesprochen wird mit diesen Talenten über Entwicklung – einmal, so Joachim Reichle, Vice President Corporate Personnel Development and Learning bei Mahle.

Fachkräfte haben ebenso Talent

Grundlage des Talentprozesses bei BASF ist eine für die Mitarbeiter transparente Darstellung der Karrieremöglichkeiten. Ziel ist es, Mitarbeiter dort einzusetzen, wo sie ihre Begabungen und Stärken wirkungsvoll einbringen können. Entwicklung sei nicht gleichbedeutend mit Jobwechsel und mehr Geld, stellte Anke Schmidt klar. Auf die Frage, welche Ergebnisse die ersten Gespräche gebracht hätten, sagte sie: „Viele Mitarbeiter wünschen sich Hospitationen in anderen Bereichen“. Deren Eigeninitiative habe zugenommen, bei der Unterstützung durch die Führungskräfte gebe es noch Defizite.

Anke Schmidt, Senior Vice President Global Talent Management bei BASF: „Ich wusste nicht, wie viel Gegenwind mir entgegenschlug“.

Johnson Controls GmbH (Burscheid) bietet mit dem Programm „Talent 2020“ nicht nur Führungskräften Entwicklungsmöglichkeiten. Im Fokus stehen alle internen „Denker und Lenker von morgen“, um diese nicht extern suchen zu müssen. Nominiert werden die Kandidaten vom Vorstand. Was auf der Tagung nicht nur Beifall fand. Mitarbeitern müsse die Möglichkeit geboten werden, sich selbst für Entwicklungsprogramme anbieten zu können, dafür plädierte Katharina Heuer, Geschäftsführerin der DGFP.

Ob mit dem Programm „Talent 2020“ eine Führungs- oder Fachkarriere angestoßen wird, bleibt bei Johnson Controls zunächst offen. Damit reagiert das Unternehmen auf das, was schon lange bekannt ist: Jede Generation habe ihre eigene Motivstruktur und bei der Generation Y stünde Aufgabenverantwortung höher im Kurs als das Ziel, Führungskraft zu werden, betonte Christof Beutgen, Leiter Grundsätze Mitarbeiterentwicklung bei der DB Mobility Logistics AG (Berlin). Und räumte zugleich ein, wie schwer es in einem hierarchisch strukturierten Unternehmen wie der Deutschen Bahn sei, „Fachkräften die gleichen Schulterklappen zu geben wie Führungskräften“.

Frank Kohl-Boas (Google): „Ist Ihre Personalarbeit so aufgebaut, dass jemand nicht Führungskraft werden muss?“.

Eine weitere Talentbaustelle: Ältere Mitarbeiter

Auch in anderen Bereichen der Talentförderung besteht Nachholbedarf. Viele Unternehmen böten „Schonprogramme für ältere Mitarbeiter“ an, monierte Dr. Frank Zils, Director Human Resources bei Janssen-Cilag (Neuss). Sein Unternehmen dagegen habe gesagt: „Die brauchen wir in Zukunft noch.“ Resultat ist das Entwicklungsprogramm „Silverpreneure“. Dieses spricht Mitarbeiter an, die über 50 Jahre sind, 25 Jahre Berufserfahrung haben, begeisterungsfähig und neugierig sind und die sich noch aktiv einbringen wollen.

Was ein Talent sei, dafür gebe es keine universelle Definition, meinte Alfred Lukasczyk, Moderator der Jahrestagung und Dozent an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management in Essen. Aber in jedem Unternehmen müsse es eine geben. Pflichtet man dem bei, dürften Unternehmen mit einer breiteren Definition besser für den Bedarf an Fach- und Führungskräften gewappnet sein als solche mit einer engeren. Google-Personalchef Frank Kohl-Boas jedenfalls ist überzeugt: Wenn ein beim Recruiting identifiziertes Talent später sein Potenzial nicht entfalte, dann müsse sich die Organisation fragen, ob und warum sie „versagt“ hat.

Für Sie gelesen: „Das demokratische Unternehmen“ (Managementbuch 2015)

HAUF-0161_Buchcover_A4_breit.indd

Was ist, wenn die nächste Krise kommt? Das habe ich mich gefragt, nachdem ich „Das demokratische Unternehmen“ gelesen hatte. Das Buch beschäftigt sich mit den neuen Möglichkeiten der Partizipation und Mitbestimmung im Zuge der Digitalisierung.

„Das demokratische Unternehmen“, herausgegeben von Thomas Sattelberger, Professorin Isabell Welpe und Dr. Andreas Boes, ist zum Managementbuch des Jahres 2015 gekürt worden. Auch mein Fazit lautet: Es ist dringend empfohlen, dieses Buch zu lesen. Denn es greift in die aktuelle Diskussion über Partizipation und Mitbestimmung treffsicher ein und zeigt bis hin zu Modellen der finanziellen Beteiligung die ganze Bandbreite der Thematik auf, die mit einem Mehr an Freiraum für die Mitarbeiter verbunden sind.

Neuer sozialer Handlungsraum

Ob und wie die neuen Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung von Wertschöpfungsprozessen eröffnen, in der Praxis genutzt werden, wird maßgeblich davon abhängen, wie das Management und nicht zuletzt die Beschäftigten selbst den „neuen sozialen Handlungsraum“ (Boes) ausfüllen. Dies ist ein zentraler Schluss, den das Buch und vor allem ein Rückblick auf eine noch nicht allzu lang zurückliegende Phase deutscher Industrie- und New Economy-Geschichte nahelegen.

Was die Geschichte lehrt

Auf diese Phase geht der Jenaer Arbeitssoziologe Professor Dr. Klaus Dörre ein. Das Verdienst von Dörre besteht darin, die Debatte um Demokratisierung, Partizipation und mehr Teilhabe ermöglichende Arbeitskonzepte historisch und politisch einzuordnen. Der Soziologe weist darauf hin, dass bereits Anfang der 1990er Jahre im Zuge des Aufstiegs von IT- und Internetfirmen und vor dem Hintergrund neuer Produktionskonzepte in der Industrie über ein Mehr an Partizipation diskutiert und diese praktiziert wurde.

Und Dörre erklärt zugleich, warum viele dieser Ansätze gescheitert sind!

Chance nicht verspielen

„Diese Chance wurde weitgehend verspielt“, schreibt Dörre. In der Folge sei Partizipation von vielen Unternehmen nur noch dann gewährt worden, wenn diese sich für die Eigentümer und das zunehmend unter dem Zwang von Profitabilität stehende Management gerechnet habe. In der Industrie hätten sich „unter dem Druck von Rationalisierung und Standortkonkurrenz“ später wieder neo-tayloristische Konzepte der Arbeitsorganisation durchgesetzt. Die „Idee des demokratischen Unternehmens“ bedürfe der Unterstützung aus der Politik, von Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden, um robust zu sein. Vor allem aber seitens der Beschäftigten selbst – und des Managements.

Thomas Sattelberger, Isabell Welpe, Andreas Boes (Hg.): Das demokratische Unternehmen. Neue Arbeits- und Führungskulturen im Zeitalter digitaler Wirtschaft, HAUFE, 2015,

Die ausführliche Rezension ist in Heft 12 / 2015 der Zeitschrift „Personalführung“ erschienen. Leider nicht unter meinem Kürzel (rsp), sondern versehentlich unter dem meiner lieben Kollegin Dagmar Hess (dhs).

Bei Personalabbau Outplacement offensiv bewerben und anbieten

Was bei Personalabbau für die aktive Unterstützung der Mitarbeiter bei ihrer beruflichen Neuorientierung spricht. Wann Outplacement-Programme erfolgreich sind.

Trotz der aktuell guten wirtschaftlichen Lage bauen Unternehmen Personal ab. Insbesondere Banken und Sparkassen reduzieren derzeit ihren Filialbestand und entlassen Mitarbeiter – teilweise im großen Umfang. Die Branche steht im Zuge der Finanzkrise, niedriger Zinsen und der Digitalisierung ihrer Geschäftsmodelle vor großen strukturellen Herausforderungen.

Die Commerzbank und die HVB und in naher Zukunft wohl auch die Deutsche Bank, die angekündigt hat, ihr Personal in Deutschland um 4 000 Mitarbeiter zu reduzieren, bieten den von Personalabbau betroffenen Mitarbeitern Hilfe bei der beruflichen Neuorientierung an. Neudeutsch wird diese Hilfe Outplacement genannt.

Abfindung plus Outplacement wird im Paket vereinbart

Mit Outplacementberatung wird die Unterstützung durch einen externen Berater bezeichnet. Dieser – so der Anspruch – hilft den Mitarbeitern, schnell einen vergleichbaren Job zu finden oder sich beruflich neu zu orientieren. Für die Unterstützung, die in Kombination mit der Zahlung einer Abfindung und zusammen mit dieser als Gegenleistung für die Aufhebung des Arbeitsvertrags angeboten wird, sprechen folgende Gründe:

  • Freiwilligkeitsprogramme ersetzen die formalisierte Sozialauswahl.
  • Sie erleichtern die treffsichere Auswahl von Mitarbeitern.
  • Sie machen langwierige und teure Kündigungsschutzprozesse entbehrlich.
  • Sie verbessern das Image des Unternehmens als verantwortungsbewusster Arbeitgeber.
  • Sie helfen den Mitarbeitern, schnell wieder beruflich Fuß zu fassen.

Outplacement sollte vom Arbeitgeber offensiv beworben werden

„Echte Alternativen zur Kündigung haben eines gemeinsam: Ihr Kernelement sind Lösungen zur Neuausrichtung der Betroffenen”, meint Karl-Georg Rütten. Als Geschäftsführer der Divicor GmbH managt er Personalabbauprojekte und unterstützt Unternehmen sowie Mitarbeiter beim Neustart. Damit sich die Mitarbeiter für Outplacement entscheiden können, ist es wichtig, dass der Arbeitgeber diese Option frühzeitig und offensiv kommuniziert.

Rütten (Divicor GmbH): „Soll es Wahloptionen zu Kündigungen und Abfindungen geben, sollte dies sehr früh durch glaubwürdige Botschaften deutlich gemacht werden.“

Nach Angaben des Fachbandes Outplacementberatung im Bundesverband Deutscher Unternehmensberater (BDU) umfasst die Beratung in „qualifizierten Einzeloutplacement-Projekten“ folgende Phasen:

  • Analyse
  • Profil bilden
  • Strategie
  • Bewerben
  • Gestalten des Übergangs / Abschluss

Nicht weniger als sechs Monate beraten

Ein Standard des Fachverbands lautet, dass ein Kandidat mindestens sechs Stunden pro Monat beratend unterstützt werden solle. Aber wie viele Monate sollte eine Outplacementmaßnahme umfassen, damit sie erfolgreich ist?

Stefan Detzel, Geschäftsführer der auf Outplacement spezialisierten Beratung Lee Hecht Harrison, rät Unternehmen, nicht allein auf das Budget zu schauen. „Optimal sind zwölf Monate Outplacementberatung. Unterhalb von sechs Monaten kann sich ein Kandidat orientieren.“

Dazu Karl-Georg Rütten: „Neben der Qualität des Beraters ist die Frage, ob ein Kandidat mit Hilfe von Outplacement eine neue Stelle findet, auch eine Zeitfrage.“ Es mache einen Unterschied, ob ein Ungelernter, eine Fachkraft oder ein Manager unterstützt werde. Auch Branche und Alter spielten eine entscheidende Rolle.

Allein durchschnittliche Quoten über Joberfolge, die Berater veröffentlichten, seien nicht aussagekräftig. Außerdem sei zu fragen, was Erfolg in der Outplacementberatung ausmache. Rütten: „Jemand erfolgreich bei der beruflichen Neuorientierung unterstützt zu haben, bedeutet nicht automatisch, dass dieser einen neuen Job gefunden hat.“

Interessant ist ein Blick auf Zahlen des BDU (2014). Danach gibt es in Deutschland eine klare Tendenz zu befristeten Programmen mit einer Laufzeit von bis zu sechs Monaten. Diese Programme machen innerhalb der befristeten, die einen Anteil am Gesamtmarkt von 68 Prozent haben, inzwischen 90 Prozent aus. Lang laufende befristete Einzeloutplacements (länger als zwölf Monate) sind praktisch vom Markt verschwunden.

Manager genießen länger Outplacement-Beratung

Daneben gibt es die für die Berater lukrativen unbefristeten Outplacementprogramme (Anteil am Gesamtmarkt: 24 Prozent), die zusätzlich die Integration des Kandidaten am neuen Arbeitsplatz umfasst, sowie Gruppenoutplacements (Anteil am Gesamtmarkt: acht Prozent). In den Genuss unbefristeter Outplacements kommen meist Manager in gehobenen Positionen.

Gruppenoutplacements sind nicht per se qualitativ schlechter als Einzeloutplacements. In der Gruppe können sich produktive gegenseitige Lerneffekte ergeben. Mit der rein technischen Vermittlung von Wissen, wie ein Lebenslauf verfasst wird oder wo passende Stellenangebote zu finden sind, ist den Mitarbeitern allerdings weder beim Einzel- noch beim Gruppenoutplacement gedient.

Längere Outplacement-Programme sind erfolgreicher

Zwar gilt, dass sich die Unterstützung von ehemaligen Mitarbeitern bei der Jobsuche imagefördernd auswirkt. Über Inhalte und Zeitdauer der Outplacement-Programme von Banken und Sparkassen herrscht jedoch Stillschweigen. Dabei könnten eine Auswertung der Programme und eine entsprechende Information der Fachöffentlichkeit helfen, wirksame Programme und Anbieter von weniger wirksamen zu unterschieden.

Um so mehr ist die Frage angebracht, ob derzeit sechsmonatige Programme in der von Umbruch gekennzeichneten Finanzbranche ausreichen. Die Platzierungsquote sechsmonatiger Programme liegt laut BDU bei 69 Prozent, nach zwölf Monaten beträgt sie dagegen 91 Prozent.

Branchenwechsel in Betracht ziehen

„Wir schauen im ersten Schritt nicht primär auf den Arbeitsmarkt, sondern auf die Stärken, Ziele und Wünsche des Einzelnen. Daraus entwickeln wir gemeinsam eine Strategie für den nächsten beruflichen Schritt. Soll dieser innerhalb der Branche liegen, ist sicherlich in der jetzigen Situation im Bankenbereich eine hohe Flexibilität angezeigt, was Arbeitsort und spezielle Ausformung der Arbeitsaufgabe anbetrifft“, sagt Caterine Schwierz. Sie ist Mitglied der Geschäftsführung bei von Rundstedt & Partner und gibt einen Einblick in deren Outplacement-Beratung. Mache ein Branchenwechsel Sinn, übersetze der Berater das Kompetenzprofil des Mitarbeiters aus der Bankenwelt in die Industrie oder Dienstleistungsbereiche.

Der ausführliche Beitrag von Rainer Spies zu Outplacement in Banken und Sparkassen ist unter dem Titel „Mit professioneller Hilfe zum neuen Job“ im BANKMAGAZIN erschienen (Heft 11 / 2015).

Lesetipps

Andrzejewski, L. / Refisch, H. (2015): Trennungs-Kultur und Mitarbeiterbindung. Kündigungen, Aufhebungen, Versetzungen fair und effizient gestalten, Köln.

BDU (2014): Outplacementberatung in Deutschland 2012 / 2013, Bonn.

Rütten, K.-G. (2013): Was kostet Personalabbau? Ein erweitertes Trennungsmanagement ist dem klassischen überlegen, Berlin.

Zur Qualität von HR-Berichten: Oft technokratisch, selten Mut zur Offenheit, wenig aufschlussreich?

Wer glaubt, das Thema HR-Berichte sei tröge, der wird mit Heft 12 / 2015 der Zeitschrift „Personalführung“ eines besseren belehrt. Die Ausgabe befasst sich in seinem Schwerpunkt mit diesem Thema und zeigt, wie facettenreich das HR-Reporting ist.

Aufgefallen ist mir, dass das Thema trotz der allerorten geführten Debatten über Arbeitgeberattraktivität und Employer Branding nur randständig behandelt wird. Diesen Schluss legt jedenfalls die teilweise schwierige Suche nach Fachoutoren im Vorfeld des Themenschwerpunkts nahe. Umso erstaunter war ich über die Qualität der mir eingereichten Beiträge – und über die fundamental unterschiedlichen Einschätzungen über Stand und Qualität des HR-Reportings.

Professionelle HR-Kommunikation vs. unangemessenes HR-Reporting

Während die Journalistin Barbara Sommerhoff in ihrem Beitrag eine Professionalisierung in der HR-Kommunikation ausmacht, geht ihr Gesprächspartner im Interviewteil des Gesamtwerks mit dem HR-Reporting sehr hart ins Gericht. Professor Dr. Christian Scholz, der einen Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre und insbesondere Organisation, Personal- und Informationsmanagement an der Universität des Saarlandes inne hat, kritisiert im Interview: kaum ein deutsches Unternehmen berichte über sein Humankapital in angemessener Weise.

Sehr kritisch schätzt auch Kaevan Gazdar, Reporting-Spezialist und Mitglied der Jury des Econ Award Unternehmenskommunikation, das aktuelle HR-Reporting-Geschehen ein. Oft technokratisch, selten Mut zur Offenheit, wenig aufschlussreich, lautet die Quintessenz von Kaevan Gazdar, der kenntnisreich über das HR-Reporting bekannter Unternehmen informiert. Konkretheit sei der „Lackmustest für aussagekräftiges Reporting“, so Kaevan Gazdar. An der mangele es leider vielfach beim HR-Reporting.

Trend zu digitalen und integrierten HR-Berichten

Dr. Judith Beile, Partnerin und Senior Consultant bei der auf Beschäftigungssicherung, Mitbestimmung und Mitarbeiterbeteiligung spezialisierten Beratung Wilke, Maack und Partner, verschafft den Lesern einen Überblick. Judith Beile eröffnet mit ihrem Beitrag „Trends in der HR-Berichterstattung“ den Schwerpunkt.

Die Berichterstattung über Personalthemen gewinnt im Zuge des Wettbewerbs um die besten Köpfe an Bedeutung. Gleichzeitig schwinde der Stellenwert des einst klassischen Personalberichts in Printform. Der Trend geht hin zu digitaler Berichterstattung und der Integration von Personalthemen in Nachhaltigkeits-, Corporate Social Responsibility- und Geschäftsberichte, so der Tenor von Judith Beile.

Auch deren Beitrag kommt nicht ohne Kritik aus. Judith Beile bemängelt, dass sich die Inhalte der HR-Berichte stark ähneln und die Nachverfolgung insbesondere der digitalen Berichterstattung und darin angesprochener HR-Ziele und Maßnahmen im Zeitverlauf schwierig geworden sei. Außerdem finde sich so mancher Mitarbeiter ob des Hochglanzes der Berichterstattung nicht immer darin wider.

Deutsche Post DHL Group: Sinnstiftung als Aufgabe der Unternehmenskommunikation

Wer mit großem Aufwand eine künstliche Hochglanzwelt in Szene setze, der riskiere, dass diese Anstrengungen verpufften, da die Arbeitswirklichkeit dahinter nur verblassen könne. Diese Auffassung vertritt Professor Dr. Christof Ehrhart, Executive Vice President und Leiter des Zentralbereichs Konzernkommunikation und Unternehmensverantwortung bei Deutsche Post DHL Group, in seinem Beitrag.

Unternehmenskommunikation und insbesondere die Personal-, HR- und Nachhaltigkeitskommunikation müsse ihre Dialog- und Empathiefähigkeit stärken. Nur so könne sie konsequent auf Bedürfnisse innerhalb und außerhalb des Unternehmens ausgerichtet werden, ist der Kommunikationschef von Deutsche Post DHL Group überzeugt. Daher gewinne „Sinnstiftung“ als Aufgabe der Kommunikation an Bedeutung. Damit erhielten Themen neues Gewicht, die nicht traditionell im Zentrum der bisherigen Kommunikationsarbeit stünden.

Deutsche Telekom AG: Form und Inhalt der HR-Berichterstattung ist auch eine Frage des Einflusses

Wie sich die HR-Berichterstattung im Laufe der Zeit gewandelt hat, zeigt Inaluk Schäfer, zuständig für die CR-Berichte der Deutschen Telekom AG, am Beispiel ihres Unternehmens. Wichtige Faktoren, die auf das Reporting einwirken, sind danach Ansprüche von Interessengruppen, Userfreundlichkeit und allgemeingültige Standards, wie etwa der der Global Reporting Initiative (GRI). Aber auch organisatorische Zuständigkeiten und nicht zuletzt einflussreiche Personalmanger würden mit darüber entscheiden, über was, wo und wie HR berichtet.

Im Raum steht hier die Frage, ob auch der ehemalige wirkungsmächtige Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger der Abschaffung des einst eigenständigen Personalberichts zugestimmt hätte. Dieser ist zuletzt in den Online-CR-Bericht integriert worden, der durch das Online-Format „CR-Wissen“ zusätzlich mit Personalthemen ergänzt wird. 2015 hat die Telekom für ihren CR-Bericht, der zunehmend auf „Storytelling“ umstellt, den Platin-Preis der Econ Awards Unternehmenskommunikation gewonnen (http://www.econ-awards.de/).

Die ausführlichen Fachbeiträge und das Interview mit Professor Dr. Christian Scholz sind als Schwerpunktthema in Heft 12 / 2015 der Zeitschrift „Personalführung“ der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) erschienen.

Mein Lieblingsbuch 2015: Über Achtsamkeit („Mindfulness“) im Denken

Mindfulness - Das Prinzip Achtsamkeit

Obwohl das Buch „Mindfulness: Das Prinzip der Achtsamkeit“ bereits 1989 erschienen ist, hat es nicht an Strahlkraft und Aktualität eingebüßt. Im Gegenteil: Das Thema ist inzwischen fest  in den Bereichen Management-Training sowie Mitarbeiter- und Selbstführung verankert.

Im ersten Teil der jetzt erschienenen, deutschsprachigen Jubiläumsausgabe beschäftigt sich Ellen Jane Langer, Professorin für Psychologie an der Harvard University, zunächst mit Gedankenlosigkeit („Mindlessness“). Gedankenlosigkeit bildet das Gegenstück zu Achtsamkeit („Mindfullness“). Diesem Aspekt widmet sie sich im zweiten Teil.

Hilfe beim achtsamen Denken

Darin zeigt Langer, worin das „Wesen“ von Achtsamkeit besteht und wie achtsam gedacht wird. Wesentlich dafür sind die folgenden (Gedanken-) Methoden: neue Kategorien schaffen, offen sein für neue Informationen, verschiedene Standpunkte einnehmen, den Kontext kontrollieren und dem Prozess Vorrang einräumen vor der Ergebnisorientierung. „Wenn wir achtsam neue Kategorien schaffen, berücksichtigen wir Situation und Kontext“, so Langer.

Was damit gemeint ist, zeigt sie an einem Beispiel: Wenn ein Personalchef in der Lage ist, die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter sehr differenziert zu betrachten, kann er diese adäquater einsetzen. Die Botschaft lautet: Vorsicht beim gedankenlosen Einsatz von hergebrachten Kategorien, sie behindern situationsgerechtes Handeln. Wenn Menschen in allen Einzelheiten beschrieben würden, stoße man auf vorher nicht erkannte Qualitäten, so Langer. Im Übrigen nähmen mit differenziertem Denken die Vorurteile ab.

Kontrolle des Kontextes

Das Buch ist gespickt mit vielfach experimentell abgesicherten Beispielen für Effekte achtsamen Denkens und Handelns. Hier ein Beispiel für „Kontrolle des Kontextes“ und für die für Mindfulness grundlegende Überzeugung, dass Körper und Geist nicht getrennt voneinander existieren: Der körperliche Zustand älterer Menschen verbessert sich signifikant, wenn sie sich in einem Kontext bewegen, der ihrem vitalen Leben vor zwanzig Jahren entspricht.

Spielräume für Unsicherheiten schaffen

Achtsamkeit am Arbeitsplatz bedeutet für Langer beispielsweise, durch die Konzentration auf das, was ist (und nicht auf das, was sein soll), und durch Spielräume für Unsicherheiten besser mit Abweichungen vom Gewohnten umgehen zu können. Wer sich für das Thema Achtsamkeit interessiert, sei das Buch von Langer wärmstens empfohlen.

Ellen J. Langer: Mindfulness: Das Prinzip Achtsamkeit. Die Anti-Burn-out Strategie. Vahlen, 2015,